DE19544562A1 - Poly(meth)acrylimide mit bei thermischer Belastung verbesserter Farbstabilität - Google Patents
Poly(meth)acrylimide mit bei thermischer Belastung verbesserter FarbstabilitätInfo
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Description
Die Erfindung betrifft die Herstellung, Verarbeitung und Verwendung von
wärmeformbeständigen Thermoplasten, insbesondere von Formmassen
auf Basis von imidiertem Polymethylmethacrylat. Sie beschreibt
Formmassen, die nach Verarbeitung zu Formkörpern, z. B.
Lampenabdeckungen, bei thermischer Belastung nur eine geringe
Zunahme des Gelbwertes aufweisen.
Polymere auf Basis von imidiertem Polymethylmethacrylat sind eine
eigene Klasse hochtransparenter und dabei besonders
wärmeformbeständiger Thermoplaste. Formkörper aus diesem Material
können auf Dauer deutlich höheren Temperaturen ausgesetzt werden als
Formkörper aus anderen hochtransparenten Thermoplasten wie z. B.
Polymethylmethacrylat (PMMA). Naturgemäß steigt durch die höhere
thermische Belastung auch die Gefahr der Verfärbung. Um diese
Hochleistungs-Thermoplaste einsetzen zu können, z. B. zur Abdeckung
von Lampen, ist es notwendig, sie möglichst gegen eine thermische
bedingte Verfärbung, sichtbar als eine Zunahme des Gelbwertes, zu
schützen. Der Gelbwert wird nach DIN 6167 (D65/10) bzw. nach
ASTM D 1925 gemessen.
In der RD 321114 wird ein Verfahren zur Verringerung der Gelbstichigkeit
von Polymethacrylimiden beschrieben, indem man die Imidierung in einer
sauerstofffreien Atmosphäre durchführt. Die Entfernung des Sauerstoffs
ist hier nur durch eine aufwendiges Destillationsverfahren zu erreichen,
was wirtschaftlich ungünstig ist.
In der EP-A 576 877 wird ein Polymerisat auf Basis Polymethacryl- und
Polyacrylimid mit niedrigem Gelbwert beschrieben, wobei Salze der
Phosphin- oder Phosphonsäure bei der Imidierungsreaktion zugesetzt
werden.
Die Imidierungsreaktion besteht in einer Umsetzung eines Polymeren auf
Basis von C₁-C₂₀-Alkylestern der Methacrylsäure und/oder der
Acrylsäure mit Ammoniak oder einem primären alkylsubstituierten Amin.
Sie erfolgt bei hohen Drucken und hohen Temperaturen in Schmelze oder
in Lösung. Nach der EP-A 576 877 wird die Phosphorverbindung dem
Reaktionsgemisch zugegeben und somit diesen drastischen Bedingungen
ausgesetzt. Das Ergebnis ist eine Formmasse, die eine relativ geringe
Gelbfärbung aufweist. Bei der Überprüfung dieses Standes der Technik
durch die Anmelderin wurde aber gefunden, daß die aus diesen
Formmassen hergestellten Formkörper bei thermischer Belastung
deutliche Vergilbungserscheinungen zeigen. Sie liegen nur anfangs auf
einem niedrigen Niveau bezüglich Gelbwert; mit Fortdauer der
thermischen Belastung aber steigt der Gelbwert sukzessive an. Eine
Stabilisierungswirkung durch die vorher zugesetzte reduzierende
Phosphorverbindung ist hier kaum mehr erkennbar. Es ist daher
anzunehmen, daß diese unter den Imidierungsbedingungen weitgehend
verbraucht ist oder sich zersetzt hat.
Die Einsatzmengen an den Phosphorverbindungen liegen
dementsprechend hoch, vermutlich um einen Wirkungsverlust
auszugleichen: Es werden bevorzugt Mengen von 0.1-1 Gew.-% bezogen
auf die Menge an zu imidierendem Polymeren eingesetzt. Eine Erhöhung
der Zusatzmenge kommt kaum mehr in Frage, weil dabei andere
Eigenschaften des Polymerisats verschlechtert werden: Es tritt nach den
Erkenntnissen der Anmelderin bereits bei einem Zusatz von mehr als
0.1% Gew.-% der reduzierenden Phosphorverbindung eine Trübung im
Polymerisat auf.
Als Indiz für eine Zersetzung der reduzierenden Phosphorverbindung bei
dem hier angesprochenen Verfahren mag gelten, daß bei Versuchen der
Anmelderin entsprechend EP-A 576 877 die Entwicklung von Phosphin
registriert wurde, insbesondere bei hohen Einsatzkonzentrationen. Als
eine der hier stattfindenden Zersetzungsreaktionen ist demnach eine
Disproportionierung des Hypophosphits anzunehmen.
Der Einsatz von reduzierenden, organischen Phosphorverbindungen als
Antioxidantien, die u. a. die Verfärbung von Kunststoff-Formmassen bei
thermischer Belastung verhindern sollen, ist bekannt (vgl. beispielweise
Kirk-Othmer, Encyclopedia of Chemical Technology, 3rd. Ed., Vol. 3,
Seite 133, Wiley, New York, 1978). Sie werden fallweise auch den
Formmassen vor der Verarbeitung, also beim Compoundierschritt
zugegeben. So wird gemäß der japanischen Anmeldung Kokai Tokkyo
Koho JP 60 123 547 eine Verbesserung der Verfärbung von
Copolymerisaten aus Methyl methacrylat-, Styrol- und
Maleinsäureanhydrid- Monomereinheiten unter Spritzgußbedingungen bei
höheren Temperaturen beobachtet, wenn solche Copolymerisate vor der
Verarbeitung durch Spritzguß mit wenigstens einem
Phosphaphenanthren-Derivat und zusätzlich einem sterisch gehinderten
Phenol, einem Thiopropionsäureester oder einem Phosphorsäureester als
Stabilisatoren gegen den oxidativen Abbau versetzt werden.
Jpn. Kokai Tokkyo Koho JP 60 120 735 beschreibt Copolymerisate aus
Methylmethacrylat, Vinylaromat und einpolymerisierten cyclischen
Anhydriden, denen zur Erhöhung der thermischen Stabilität und zur
Vermeidung der Verfärbung solcher Copolymerisate bei thermischer
Beanspruchung in der Schmelze, beispielsweise im Spritzguß,
Phosphorsäureester und weitere Stabilisatoren auf Basis sterisch
gehinderter Phenole zugegeben werden.
In Jpn. Kokkai Tokkyo Koho JP 03 167245 wird die Stabilisierung von
Copolymerisaten aus Methylmethacrylat, N-substituierten Maleinimiden
und weiteren copolymerisierbaren Monomeren mit Verbindungen,
ausgewählt aus der Gruppe der alkylsubstituierten Triarylphosphite, der
Dialkylpentaerythroldiphosphite sowie der Phosphaphenanthren-Derivate
beansprucht.
Jpn. Kokkai Tokkyo Koho JP 63 163 306 umfaßt Copolymerisate aus
Methylmethacrylat und C₈- bis C₂₀-Alkylmethacrylat als Kernmaterial für
optische Lichtleiterfasern, die als Stabilisatoren Phosphite, wie
beispielsweise sterisch gehinderte Diarylpentaerythroldiphosphite, oder
Thiophosphite zur Vermeidung der Verfärbung der Copolymerisate bei
thermischer Belastung enthalten.
In den hier genannten 4 japanischen Patenten sind durchwegs sterisch
gehinderte, organische Phosphite genannt oder organische Phosphite
zusammen mit sterisch gehinderten Phenolen. Anorganische,
reduzierende Phosphorverbindungen werden nicht genannt.
Auch das deutsche Gebrauchsmuster 2 95 04 693.7 beschreibt die
Verwendung von sterisch gehinderten organischen Phophitverbindungen
in Formmassen aus Copolymerisaten bestehend aus den
Monomereinheiten von Alkylmethacrylat, Vinylaromat und
Maleinsäureanhydrid, sowie gegebenenfalls Alkylacrylat. Die organischen
Phosphorverbindungen werden fallweise auch dem fertigen, granulierten
oder gemahlenen Polymerisat vor der Weiterverarbeitung zugesetzt.
Organische Phosphorverbindungen, nämlich sterisch gehinderte
Organophosphite oder Organophosphonite werden laut EP-A 396 336
auch zur Entfärbung und zur Stabilisierung gegen Blasenbildung in
Polymeren auf Basis (N-Alkyl)dialkylglutarimid und
(N-Hydrogen)dialkylglutarimid eingesetzt. In der EP-A 463 754 werden zu
demselben Zweck Trialkylphosphite und aliphatische Dicyclo-diphosphite
verwendet.
In den zuletzt genannten drei Patentanmeldungen werden ebenfalls nur
organische, reduzierende sterisch gehinderte Phosphorverbindungen
genannt, nicht aber anorganische reduzierende Phosphorverbindungen.
Der Stand der Technik läßt keine Formmassen auf Basis von imidiertem
Polymethylmethacrylat erwarten, die für die Herstellung von
wärmeformbeständigen, hochtransparenten gelbstichfreien Formkörpern,
welche auch bei fortdauernder thermischer Belastung verringerte
Gelbwertzunahme zeigen, geeignet sind. Solche Formmassen
bereitzustellen, ist das Ziel der Erfindung. Darüber hinaus sollen die
erfindungsgemäßen Formmassen durch ein einfaches Verfahren in einem
Schritt hergestellt werden können.
Die Aufgabe wird durch ein spezielles Verfahren zur Herstellung von
Formmassen FM gelöst, wobei letztere aus einem Polymerisat PM
bestehen, welches Einheiten der Formel I
enthält, in der R₁ und R₂ für Wasserstoff und Methyl stehen und R₃
Wasserstoff, C₁-C₁₈-Alkyl, C₅-C₈-Cycloalkyl, C₆-C₁₀-Aryl, C₆-C₁₀-Aryl-
C₁-C₄-alkyl bedeutet, wobei diese Reste bis zu dreifach mit Resten
ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus C₁-C₄-Alkyl, C₁-C₄-Alkoxy
und Halogen substituiert sein können, hergestellt in einer an sich
bekannten Imidisierungsreaktion in einem Reaktionsextruder,
dadurch gekennzeichnet,
daß dem Polymerisat PM nach Abschluß der Imidierungsreaktion 0.005 bis 1 Gewichtsprozent einer oder mehrerer reduzierend wirkender anorganischer Phosphor-Verbindungen AP zugesetzt werden, welche ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus Phosphinsäure und Phosphonsäure und deren Alkalimetall-, Erdalkalimetall- und Aluminium- sowie deren Ammoniumsalzen, wobei das Ammoniumion mit bis zu vier C₁ -C₄-Alkyl- und/oder C₅-C₈-Cycloalkylgruppen substituiert sein kann.
dadurch gekennzeichnet,
daß dem Polymerisat PM nach Abschluß der Imidierungsreaktion 0.005 bis 1 Gewichtsprozent einer oder mehrerer reduzierend wirkender anorganischer Phosphor-Verbindungen AP zugesetzt werden, welche ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus Phosphinsäure und Phosphonsäure und deren Alkalimetall-, Erdalkalimetall- und Aluminium- sowie deren Ammoniumsalzen, wobei das Ammoniumion mit bis zu vier C₁ -C₄-Alkyl- und/oder C₅-C₈-Cycloalkylgruppen substituiert sein kann.
Ausgangsprodukt für das erfindungsgemäße Verfahren ist ein fertiges
Polymerisat PM auf Basis Poly-(meth)acrylimid. Das Verfahren zu seiner
Herstellung berührt die vorliegende Erfindung nicht, der diesbezügliche
Stand der Technik wird vorausgesetzt. Die Herstellung des
Ausgangsproduktes wird z. B. in der DE-A 40 02 904, der EP-A 234 726,
der US-A 4246374, der US-A 3246374 der EP-A 463 754, der
EP-A 396336 und der EP-A 576877 offenbart.
Die in Formel I beschriebene Struktur ist zu mindestens 5 Gew.%,
bevorzugt zu mindesten 30 Gew.%, besonders bevorzugt zu mindesten 60
Gew.-% im Polymerisat enthalten, wobei die Imidgruppe bevorzugt mit
Methyl (R₃=Methyl) substituiert ist. Auch R₁ und R₂ in Formel I sind
bevorzugt Methylgruppen. Das besonders bevorzugte Polymere enthält
demnach (N-Methy)-dimethylglutarimid-Einheiten. Herstellungsbedingt
können im Polymerisat nicht nur Glutarimid-Einheiten, sondern auch
gering Mengen Säure- und Anhydrideinheiten, sowie restliche
(Meth)acrylester enthalten sein. Führt man die Imidierung an einem
Polymeren aus, das Styrol, alpha-Methylstyrol, Methacrylonitril
Vinylacetat oder andere etylenisch ungesättigte Comonomere wie Ethylen
oder Butadien enthält, so bleiben sie von der Umsetzung unberührt und
bilden einen Bestandteil der Polymerzusammensetzung des
Ausgangsproduktes PM für das erfindungsgemäße Verfahren.
Die bevorzugten Polymerisate auf Basis Poly-N-Methylmethacrylimid sind
besonders wärmeformbeständige Thermoplaste. Ihr Vicat-Wert liegt je
nach Methylierungsgrad der Imidgruppe bei 120°C bis über 200°C.
Erstere Werte werden bei geringen Imidierungsgraden um die 5%,
letztere bei hohen Imiderungsgraden, wobei nur ein Teil der Substituenten
an der Imidgruppe Methylreste sind, erzielt.
Die reduzierend wirkenden Phosphorverbindungen AP enthalten
Phosphor in den Oxidationsstufen +1 oder +3. Technisch leicht zugänglich
sind hierbei Salze der Phosphinsäure (Hypophosphite) und der
Phosphonsäure (sekundäre Phosphite), sowie die freien Säuren selbst.
Es spielt dabei keine Rolle, ob die Salze oder die freien Säuren in der
ortho- oder der meta-Form oder auch z. B. als Dimere vorliegen.
Verwendbar sind Alkali-, Erdalkali-, Aluminium- und Ammoniumsalze,
wobei das Ammoniumion mit bis zu vier C₁-C₄-Alkyl- und/oder C₅-C₈-
Cycloalkylgruppen substituiert sein kann.
Organische, reduzierend wirkende Phosphorverbindungen, ausgewählt
aus der Gruppe der aliphatischen oder monoarylaliphatischen Ester sind
weit weniger wirksam. Dies gilt vor allem für die verschiedenen
Antioxidantien des Standes der Technik auf Basis organischer Phosphite.
Besonders effektiv und auch preisgünstig erhältlich ist
Natriumhypophosphit. Seine Verwendung ist eine bevorzugte
Ausführungsform der Erfindung. Obwohl es laut Literatur thermisch leicht
unter Disproportionierung zerfällt, hat es sich für die Zwecke der Erfindung
gut bewährt.
Stabiler sind Erdalkalihypophosphite, wie z. B. Calciumhypophoshit. Auch
die Verwendung dieses Salzes ist eine bevorzugte Ausführungsform.
Es können auch Salzmischungen eingesetzt werden.
Unerwartet im Vergleich zum Stand der Technik betreffend die
Verwendung von reduzierenden anorganischen Phosphorverbindungen
ist, daß erfindungsgemäß bereits geringste Konzentrationen davon
ausreichen. So werden mit 0.005 Gew.% bezogen auf das Polymere
bereits erkennbare Wirkungen erzielt. Das Maximum an Wirkung kann
bereits mit 0.02 bis 0.05 Gew.% erreicht sein. Meist ist es nicht geraten,
die Konzentration höher als 0.1 Gew.% zu wählen. Es ist nicht sinnvoll,
mehr als 1 Gew.% an reduzierender anorganischer Phosphorverbindung
AP zuzusetzen, da hier bereits starke Eigenschaftsverschlechterungen
beobachtet werden, wie z. B. eine Trübung im Polymerisat oder eine
verschlechterte Witterungsbeständigkeit. Demnach sind Konzentrationen
an reduzierend wirkenden anorganischen Phosphorverbindungen von
mindestens 0.005 und weniger als 0.1 Gew.-% bezogen auf Polymeres
PM bevorzugt.
Die erfindungsgemäßen anorganischen reduzierenden
Phosphorverbindungen AP werden in der Regel in Lösung appliziert.
Meist ist Wasser als Lösungsmittel am besten geeignet. Vorteilhaft
werden die reduzierenden Phosphorverbindungen in möglichst
konzentrierter Lösung angewandt. Als Richtwert sei eine Konzentration
von 50 Gew.-% genannt. Sie ist bei Raumtemperatur üblich. Je nach
Löse- und Applikationstemperatur sind auch andere Konzentrationen
möglich bzw. notwendig, z. B. 30 bis 65 Gew.-%. Es ist überraschend, daß
selbst ein so geringes Volumen an reduzierendem Agens, wie es eine
konzentrierte Lösung der Phosphorverbindung darstellt, offensichtlich über
die gesamte Polymercharge homogen verteilt werden kann.
Es ist aber auch möglich, die reduzierende anorganische
Phosphorverbindung in Pulverform, also ohne Verwendung von
Lösungsmittel zu applizieren.
Auch wenn es prinzipiell möglich ist, die Komponenten einer Mischung
von reduzierenden Phosphorverbindungen nacheinander dem Polymeren
zuzugeben, wird man in der Regel zuerst eine Mischung oder Lösung der
Komponenten herstellen und diese in einem Schritt dem Polymeren
zusetzen. Für die homogene Verteilung ist ein einkomponentiger
Stabilisator vorteilhafter.
Auf die Zugabe von Blaupigmenten oder blauen Farbstoffen zur optischen
Neutralisation eines allfälligen Gelbstiches kann ohne weiteres verzichtet
werden.
Die Einarbeitung der reduzierend wirkenden anorganischen
Phosphorverbindung AP erfolgt erfindungsgemäß zu einem späten
Zeitpunkt der Verarbeitung. Dadurch scheint ein vorzeitiger Zerfall des
Entfärbungsmittels vermeidbar zu sein. Es wird vor allem nicht, wie im
Stand der Technik, den hohen thermischen Belastungen bei der
Imidierung ausgesetzt. Die Zugabe erfolgt keinesfalls in den
Reaktionsextruder, auf jeden Fall nach der Reaktionszone. Der späte
Zeitpunkt und der Modus der Einarbeitung sind entscheidende Merkmale
der Erfindung.
Eine Möglichkeit ist die Einarbeitung der reduzierend wirkenden
anorganischen Phosphorverbindung unmittelbar nach Abschluß der
Imidierungsreaktion in den dem Reaktionsextruder nachgeschalteten
Entgasungsextruder. Die Dosierstelle wird so gewählt, daß die Zugabe in
die bereits entgaste Schmelze erfolgt. Der Vorteil dieser Zugabemethode
ist, daß kein zusätzlicher Verarbeitungsschritt notwendig ist und sie sich
nahtlos an die Reaktion anschließt.
Eine weitere Möglichkeit ist die Zugabe der reduzierend wirkenden
anorganischen Phosphorverbindung zum fertigen Polymerisat beim
Compoundieren.
Zur Durchführung dieses erfindungsgemäßen Verfahrens soll das
Polymerisat in Teilchenform vorliegen. Geeignet sind z. B. besonders
Granulate oder auch Mahlgut in den verschiedensten Mahlgraden.
Bevorzugt wählt man eine mittlere Teilchengröße von 1-5 mm.
Die Vermischung der reduzierenden anorganischen Phosphorverbindung
mit dem in Teilchenform vorliegenden Polymeren PM erfolgt
üblicherweise zunächst in langsam laufenden Mischaggregaten wie
beispielsweise Trommel-, Rhönrad- oder
Doppelkammerpflugscharmischern. Die langsam laufenden Aggregate
bewirken eine Vermischung, ohne daß die Phasengrenzen aufgehoben
werden (vgl. Ullmanns Enzyklopädie der technischen Chemie, 4. Auflage,
Bd. 2, Seiten 282 bis 311 Verlag Chemie, Weinheim, New York, 1980).
Diese Mischung wird im nachfolgenden Verarbeitungsschritt des
Aufschmelzens thermoplastisch aufbereitet. Man verwendet hierzu
heizbare Mischaggregate bei den dafür geeigneten Temperaturen, in der
Regel zwischen 250 und 350°C. Beispielsweise sind solche heizbaren
Mischaggregate Ein- oder Mehrschneckenextruder oder Extruder mit
oszillierender Schnecke sowie gegebenenfalls zusätzlich mit Scherstiften.
Mit diesem Verfahren können die erfindungsgemäßen Formmassen FM in
Korngrößen von beispielsweise 1 bis 5 mm hergestellt werden.
Eine weitere Zugabevariation besteht darin, das imidierte
Poly(meth)acrylat, das bereits in granulierter oder gemahlener Form
vorliegt in einem separaten Extruder wieder aufzuschmelzen, und die
reduzierend wirkenden anorganischen Phosphorverbindungen PM der
Schmelze zuzusetzen. Sie kann hier z. B. als Lösung eingepumpt werden.
Man erhält hier nach Abkühlen und Schneiden ebenfalls die
erfindungsgemäße Formmasse FM. Vorteilhaft läßt sich diese
Zugabevariation mit einer unmittelbar anschließenden formgebenden
Verarbeitung verbinden.
Die erfindungsgemäßen Formmassen FM werden zu Formkörpern FK
verarbeitet. Dazu sind gebräuchlichen Verfahren der Technik wie
Spritzgießen, Extrudieren, Pressen, Sintern, sowie auch andere
Formgebungsverfahren geeignet. Der Gestaltung der Formkörper sind
keine Grenzen gesetzt. Entsprechend ihrer hohen
Wärmeformbeständigkeit liegt der Schwerpunkt der Anwendung
naturgemäß bei Formkörpern, die hohen Temperaturen ausgesetzt sind,
wie beispielsweise bei Lampenabdeckungen oder Linsen in der
Beleuchtungstechnik, sowie bei Formteilen im temperaturbelasteten
Bereichen von Kraftfahrzeugen wie bei Scheinwerferstreuscheiben,
Rückleuchten oder Nebelleuchten u. a.
Das Verfahren der Einarbeitung der reduzierenden anorganischen
Phosphorverbindung ist in der Regel ein einzelner, einfacher
Verfahrensschritt, weil das Stabilisierungsmittel als eine Komponente
zugesetzt wird. Es ist vorteilhaft, daß in das Herstellverfahren selbst nicht
eingegriffen zu werden braucht, da das Polymere ein gängiges Produkt ist
und bereits im technischen Maßstabe hergestellt wird. Bezüglich der
Menge und der chemischen Natur der reduzierenden anorganischen
Phosphorverbindung AP ist das Verfahren sehr kostengünstig: Es wird nur
wenig Stabilisator gebraucht, und gerade im Fall des Natrium-
Hypophosphit ist er besonders preisgünstig.
Wichtig sind die anwendungstechnischen Vorteile. So ist der
erfindungsgemäße Formkörper nach Durchführung des
erfindungsgemäßen Verfahrens praktisch farblos. Sein Gelbwert oder Yi-
Gelbindex - er wird nach DIN 6167 (D65/10) bzw. nach ASTM D 1925
gemessen - liegt bei unter 2, bevorzugt unter 1. Häufig werden sogar
Werte unter 0.5 erhalten. Probekörper, die nicht der erfindungsgemäßen
Behandlung unterworfen wurden, die also ohne Zugabe von reduzierend
wirkenden anorganischen Phosphorverbindungen compoundiert wurden,
haben in der Regel Gelbwerte über 3.
Anstelle des Gelbwertes kann auch die Transmission einer
spritzgegossenen Scheibe mit den Maßen von 60×45×3 mm zur
Charakterisierung der optischen Eigenschaften herangezogen werden.
Die Transmission einer erfindungsmäßig hergestellten Scheibe liegt nahe
dem theoretischen Wert von 92% Transmission, nämlich bei 86 bis 92%,
je nach Imidierungsgrad.
Der entscheidende Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens ist indes
die hervorragende Farbstabilität des Formkörpers bei fortdauernder
thermischer Belastung. Zwar ist eine Zunahme des Gelbwertes nicht ganz
vermeidbar, aber sie ist deutlich geringer als im Stand der Technik.
Geprüft wird die Farbstabilität eines Formkörpers FK durch eine
thermische Belastung einer Prüfscheibe im Umluft-Trockenschrank bei
160°C bis zu 1000 Stunden Lagerzeit. In bestimmten Zeitabständen wird
der Gelbwert überprüft, wobei eine Kurve der Gelbwertzunahme erstellt
werden kann. Erfindungsgemäße Formkörper zeigen eine
Gelbwertzunahme im Schnitt nur von <0.02 pro Stunde. Es sind sogar
Gelbwertzunahmen von weniger als 0.01 pro Stunde möglich. In
Versuchen der Anmelderin - siehe Beispiele - wurden bei einer
thermischen Belastung von 160°C über 800 Stunden Gelbwerte von <15,
in der Mehrzahl der Fälle <10 erreicht.
Die erfindungsgemäßen Formmassen FM finden auch Anwendung bei
der Herstellung optisch anspruchsvoller Formteile. Gerade bei besonders
langen Fließwegen und/oder komplizierten Formteilgeometrien sind hohe
Verarbeitungstemperaturen notwendig. Hier stabilisieren die
erfindungsgemäßen, reduzierenden, anorganischen
Phosphorverbindungen AP gegen eine Vergilbung des Formteils bei
seiner Herstellung.
Auf einer Reaktionsextrusionsanlage bestehend aus einem
Reaktionsextruder mit einem hochwirksamen Mischteil und einem
Entgasungsextruder mit zwei Entgasungszonen und angeschlossenen
Vakuumleitungen wurde die polymeranaloge Reaktion, nämlich die
Imidierung durchgeführt. Pro Stunde wurden in den Reaktionsextruder 10
kg einer PMMA-Formmasse eingebracht. Im ersteren Teil der
Mischstrecke befinden sich zwei Einspeisestellen für Flüssigkeiten. In die
erste Einspeisestelle wurde eine Menge von 200 ml pro h einer 50% igen
wäßrigen Lösung von Natriumhypophospit eingepreßt. Über die zweite
Einspeisestelle wurde als Reaktionsmittel 3000 g Methylamin pro h
zugeführt. Die mittlere Reaktionszeit betrug 5 Minuten bei einer
Temperatur von 250°C. Nach Abschluß der Reaktion wurde die
Reaktionsmischung im Entgasungsextruder entspannt, die gasförmigen
und flüchtigen Anteile entfernt, und schließlich Stränge extrudiert, die
gekühlt und zu Granulat geschnitten wurden.
Die Zugabe der reduzierend wirkenden anorganischen
Phosphorverbindung erfolgte somit gemäß EP-A 576877 in das
Reaktionsgemisch bei der Imidierungsreaktion.
Von dem erhaltenen Produkt wurden auf einer Spritzgießmaschine
Battenfeld BA 300/100 fünf Probekörper 65×40×3 spritzgegossen und
daran der Gelbwert nach DIN 6167 bestimmt. Der gemessene Gelbwert
betrug 1,4. Die nach 150 306, Verfahren B 50, bestimmte Vicat-
Erweichungstemperatur betrug 172,4°C.
Von den spritzgegossenen Probekörper wurden 4 Stück in einen
Umluftwärmeschrank gelegt und bei 160°C 1000 Stunden gelagert. Nach
jeweils 500 h, 800 h und 1000 h Lagerzeit wurde ein Probekörper
entnommen, abgekühlt und der Gelbwert gemessen. Es wurden folgende
Ergebnisse erhalten:
Deutlich erkennt man eine starke Zunahme des Gelbwertes bei
Warmlagerung bei Anwendung des nicht erfindungsgemäßen Verfahrens
nach dem Stand der Technik.
Auf der Imidierungsanlage gemäß Beispiel 1 wurde unter identischen
Bedingungen die Imidierungsreaktion durchgeführt, wobei keine
Natriumhypophosphitlösung in den Reaktionsextruder eingepreßt wurde.
Nach der Entfernung der gasförmigen Reaktionsbestandteile wurden
Stränge des Polymeren gezogen, diese abgekühlt und zu Granulat
geschnitten.
Vom erhaltenen Granulat wurden 15 kg in ein Edelstahlfaß von 30 l
eingefüllt und eine Menge von 150 g Natriumhypophospit als 50% ig
wäßrige Lösung eingewogen. Die Zugabe des Natriumhypophosphits
erfolgte hier erfindungsgemäß demnach erst vor dem Compoundieren.
Auf einem Taumelmischer wurden die Komponenten 4 Minuten innig
vermischt und in den Trichter eines 25 mm (=d) Einschneckenextruders
eingebracht. Auf dem 32 x d langen Einschneckenextruder wurde die
Mischung compoundiert und dann entsprechend Beispiel 1 Probekörper
spritzgegossen. Der an ihnen gemessene Gelbwert betrug 0.8.
Gemäß Beispiel 1 wurden 4 Probekörper des erfindungsgemäß
stabilisierten Produktes einer Temperaturbelastung bei 160°C über 1000
Stunden unterworfen. Es konnten folgende Resultate erhalten werden:
Deutlich erkennt man eine nur geringe Zunahme des Gelbwertes bei
Warmlagerung bei Durchführung nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren.
Auf der Reaktionsanlage zur Herstellung von imidiertem
Polymethylmethacrylat gemäß Beispiel 1 wurde die örtliche Zugabe der
Natriumhypophosphitlösung dahingehend verändert, daß nunmehr nicht in
den Bereich des Reaktors sondern in den nachgeschalteten
Entgasungsextruder die wäßrige Natriumhypophosphitlösung zugegeben
wurde. Die Dosierstelle wurde so gewählt, daß die Zugabe in die von
flüchtigen und entgasbaren Bestandteilen befreite Schmelze erfolgte. Von
dem erhaltenen Granulat wurden gemäß Beispiel 1 Probekörper
hergestellt und über eine Zeitdauer von 1000 h bei 160°C thermisch
belastet.
Bei Temperaturbelastung gemäß Beispiel 1 zeigte das erfindungsgemäß
stabilisierte Produkt folgende Gelbverfärbung:
Deutlich erkennt man ein nur geringe Zunahme des Gelbwertes bei
Warmlagerung. Auch hier war das Natriumhypophosphit erst nach
Abschluß der Imidierungsreaktion zugegeben worden.
Claims (12)
1. Verfahren zur Herstellung von Formmassen FM mit bei thermischer
Belastung verringerter Tendenz zur Gelbfärbung, bestehend aus einem
Polymerisat PM, welches Einheiten der Formel I
enthält, in der R₁ und R₂ für Wasserstoff und Methyl stehen und R₃
Wasserstoff, C₁-C₁₈-Alkyl, C₅-C₈-Cycloalkyl, C₆-C₁₀-Aryl, C₆-C₁₀-Aryl-
C₁-C₄-alkyl bedeutet, wobei diese Reste bis zu dreifach mit Resten
ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus C₁-C₄-Alkyl, C₁-C₄-Alkoxy
und Halogen substituiert sein können, hergestellt in einer an sich
bekannten Imidisierungsreaktion in einem Reaktionsextruder,
dadurch gekennzeichnet,
daß dem Polymerisat PM nach Abschluß der Imidierungsreaktion 0.005 bis 1 Gewichtsprozent einer oder mehrerer reduzierend wirkender anorganischer Phosphor-Verbindungen AP zugesetzt werden, welche ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus Phosphinsäure und Phosphonsäure und deren Alkalimetall-, Erdalkalimetall- und Aluminium- sowie deren Ammoniumsalzen, wobei das Ammoniumion mit bis zu vier C₁-C₄-Alkyl- und/oder C₅-C₈-Cycloalkylgruppen substituiert sein kann.
dadurch gekennzeichnet,
daß dem Polymerisat PM nach Abschluß der Imidierungsreaktion 0.005 bis 1 Gewichtsprozent einer oder mehrerer reduzierend wirkender anorganischer Phosphor-Verbindungen AP zugesetzt werden, welche ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus Phosphinsäure und Phosphonsäure und deren Alkalimetall-, Erdalkalimetall- und Aluminium- sowie deren Ammoniumsalzen, wobei das Ammoniumion mit bis zu vier C₁-C₄-Alkyl- und/oder C₅-C₈-Cycloalkylgruppen substituiert sein kann.
2. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die
reduzierend wirkende anorganische Phosphorverbindung AP in einer
Menge von unter 0,1 Gew-% und wenigstens 0.005 Gew.-% bezogen auf
das Polymerisat PM zugesetzt wird.
3. Verfahren gemäß Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die
reduzierend wirkende anorganische Phosphorverbindung AP
Natriumhypophosphit ist.
4. Verfahren gemäß Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die
reduzierend wirkende anorganische Phosphorverbindung AP
Calciumhypophosphit ist.
5. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch
gekennzeichnet, daß die reduzierend wirkende anorganische
Phosphorverbindung in wäßriger Lösung zugesetzt wird.
6. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch
gekennzeichnet, daß die Zugabe der reduzierend wirkenden
anorganischen Phosphorverbindung AP zu dem in Teilchenform
vorliegenden Polymerisat PM durch Vermischen erfolgt.
7. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch
gekennzeichnet, daß die Zugabe der reduzierend wirkenden
anorganischen Phosphorverbindung AP in eine von flüchtigen
Bestandteilen befreite Schmelze des Polymeren PM erfolgt.
8. Verfahren gemäß Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß die
Zugabe der reduzierend wirkenden anorganischen Phosphorverbindung
AP kontinuierlich in einen dem Reaktionsextruder nachgeschalteten
Entgasungsextruder erfolgt.
9. Formkörper FK erhältlich aus Formmassen FM gemäß einem oder
mehreren der Ansprüche 1 bis 8.
10. Formkörper FK gemäß Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß er
einen Gelbwert von <2, bevorzugt <1 aufweist.
11. Formkörper FK gemäß Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß die
Zunahme des Gelbwertes bei einer thermischen Belastung von 160 C
über 800 Stunden nicht über 15, bevorzugt nicht über 10 liegt.
12. Formkörper FK gemäß Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß die
Transmission einer 3 mm dicken Scheibe im Wellenlängenbereich des
sichtbaren Lichts bei einer thermischen Belastung von 160 C über 800
Stunden nicht unter 85% abnimmt.
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