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Hintergrund der Erfindung
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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Kultivieren lebender Zellen
gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 und eine
Verwendung einer Struktur, die kristalline Cellulose umfasst. Weiter
betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung einer Stützstruktur
aus Cellulose zum Kultivieren lebender Zellen gemäß dem
Oberbegriff des Anspruchs 8, Stützstrukturen zum Kultivieren
lebender Zellen gemäß der Oberbegriffe der Ansprüche
16 bis 18 und eine Hohlform zur Herstellung einer Stützstruktur
gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 19.
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Stand der Technik
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Es
ist häufig wünschenswert, lebende Zellen in vitro
zu züchten, z. B. aus Zellen, die einem Organismus entnommen
worden sind, um die gezüchteten Zellen demselben Organismus
zu implantieren und so eine Gewebefunktion zu erhalten oder wieder herzustellen.
Die Züchtung von Zellen oder Zellgeweben in vitro wird
häufig auch als "Tissue Engineering" bezeichnet. Bei den
Geweben handelt es sich vorzugsweise um Weichgewebe, z. B. Haut-,
Muskel- oder Fettgewebe, im Gegensatz zur Hart- oder Knochengewebe.
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Es
ist bekannt, lebende Zellen in Kulturgefäßen,
z. B. Kulturflaschen oder -schalen, zu kultivieren, wo sie vom Nährmedium
bedeckt auf dem Boden des Kulturgefäßes eine einlagige
("zweidimensionale") Zellschicht ausbilden. Die so kultivierten
Zellen können sich jedoch in ihren Eigenschaften von Zellen
gleichen Typs unterscheiden, die sich in vivo in einem Gewebeverband
innerhalb eines Organismus befinden, was ihren diagnostischen und
therapeutischen Wert wesentlich beeinträchtigen kann.
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Ein
lebendes Gewebe besteht in der Regel aus einer Vielzahl spezialisierter
Zellen, die sich gegenseitig mit Hilfe von Signalmolekülen
beeinflussen, und es wird vermutet, dass Zellen sich innerhalb von Konzentrationsgefällen
kleinmolekularer Stoffe orientieren und in einer bestimmten Weise
verhalten können. Man spricht hier auch von „positioneller
Information". Zwischen den Zellen eines Gewebes gibt es Stützstrukturen,
extrazelluläre Matrix genannt, die aus von den Zellen abgegebenen
Makromolekülen bestehen und die die Zellen in ihrer jeweiligen
Position stabilisieren. Wird die extrazelluäre Matrix zerstört und
werden die Zellen durchmischt, sind normale, differenzierte Körperzellen
nicht mehr in der Lage, sich neu zu organisieren und die verlorenen
Strukturen wiederaufzubauen. Man hat jedoch festgestellt, dass diese
Zellen ihre normale Funktion wieder aufnehmen können, wenn
sie in ihren ursprünglichen, räumlichen Zusammenhang
mit den entsprechenden Nachbarzellen gebracht werden.
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Ein
bekannter Lösungsansatz versucht, die extrazelluläre
Matrix nachzubilden, indem Zellen innerhalb spezieller Stütz-
oder Gerüststrukturen, auch Scaffolds genannt, "dreidimensional"
kultiviert werden. Scaffolds sind zumindest schaumartige, poröse Gebilde
mit einer großen inneren Oberfläche.
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Es
sind Scaffolds aus biologisch abbaubaren ("resorbierbaren") Materialien
bekannt. Diese sollen es unter anderem ermöglichen, dass
die in dem Scaffold wachsenden Zellen dieses allmählich
durch eine eigene extrazelluläre Matrix ersetzen.
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Die
US-Offenlegungsschrift
US 2005/0063939
A1 beschreibt ein für Tissue Engineering geeignetes
Scaffold aus einem biologisch abbaubaren, elastomeren Polymer, welches
Citronensäure enthält. In der Europäischen
Patentschrift
EP 1 053
757 B1 wird ein Trägermaterial aus Collagen (Gelatine)
beschrieben. Die Internationale Offenlegungsschrift
WO 2006/099137 A1 beschreibt
ein Scaffold für die Wundheilung aus vernetztem Fibrin und/oder
Albumin. Die Internationale Offenlegungsschrift
WO 2002/062961 offenbart die Herstellung von
Scaffolds aus sich selbst zu größeren Verbänden anordnenden
("self-assembling") Peptiden, um Zellen einzukapseln.
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Bei
der Verwendung resorbierbarer Materialien kann es nachteilig sein,
dass sich diese zu schnell abbauen, um die notwendige mechanische Stabilität
zu gewährleisten. Insbesondere kann das Risiko bestehen,
dass mit Hilfe resorbierbarer Scaffolds geschaffene Gefäße
Blut nicht sicher leiten. Weiterhin kann es nachteilig sein, dass
Restmaterial verbleibt, das Fremdkörper- oder Abstoßungsreaktionen
auslöst. Aus diesen und anderen Gründen wurden
auch Scaffolds aus nicht-resorbierbaren Materialien vorgeschlagen.
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Die
Schrift
WO 03/070084 beschreibt
ein röhrenförmiges Scaffold zur Regeneration von
Blutgefäßen aus nicht-resorbierbaren Fasern wie
Nylon, SILASTIC
TM, Silikon, Polyurethan
und Polyester. Die Internationale Offenlegungsschrift
WO 2006/096791 offenbart die Verwendung
zahlreicher gegenwärtig verfügbarer resorbierbarer
und nicht-resorbierbarer synthetischer Polymere, um daraus sogenannte
Nanofilamente zu erzeugen, aus denen ein geschichtetes Scaffold
aufgebaut werden soll. Nachteilig an den nicht-resorbierbaren Materialien
kann sein, dass sie zumindest leichte Gewebereaktionen auslösen.
Außerdem ist es möglich, dass die Materialien
bei längerer Implantationszeit im Körper angegriffen
und zersetzt werden.
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Beim
Kultivieren von Zellen oder Geweben in vitro kann erforderlich sein,
Vorkehrungen zu treffen, um die Zellen mit Nährstoffen
und/oder Sauerstoff, zu versorgen. In der Europäischen
Offenlegungsschrift
EP
1 230 939 A1 wird eine primär vaskularisierte
Gewebematrix beschrieben, die aus Teilen des Magen-Darm-Trakts des
Schweins hergestellt wurde. Bei der Herstellung soll darauf geachtet
werden, dass ein vollständiger Gefäßast
mit zuführender Arterie und abführender Vene vorhanden
ist. Nachdem die tierischen Zellen durch sogenannte Azellularisierungsverfahren
entfernt worden sind, soll die resultierende Matrix mit Blut durchströmt
und mit humanen Zellen besiedelt werden. Es soll auf diese Weise möglich
sein, auch eine größere Zahl von Zellen und stärkere
Schichtdicken ausreichend mit Nährstoffen, Mineralien und
Sauerstoff zu versorgen. Nachteilig kann jedoch sein, dass die verwendete
Matrix erhebliche Mengen an tierischem Eiweiß und anderen
potentiell immunogenen Molekülen enthält. Weiterhin kann
nachteilig sein, dass der tierische Ursprung der Matrix eine Standardisierung
des Verfahrens erschwert.
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Die
Internationale Offenlegungsschrift
WO 2006/042287 A2 offenbart
ein mehrlagiges Scaffold mit Mikrokanälen zur Anwendung
für Tissue Engineering, das mit bakterieller Cellulose
beschichtet ist. Das darin beschriebene Scaffold ist jedoch im Wesentlichen
auf die Züchtung von Knorpelgewebe optimiert und nur bedingt
zur Implantation geeignet. Insbesondere ist unklar, wie die Beschichtung
mit der bakteriellen Cellulose erfolgen soll, denn die angegebene
Vorschrift führt weder zu einer gleichmäßigen Schicht,
noch gibt sie an, wie diese auf der Unterlage haften soll.
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Die
Internationale Offenlegungsschrift
WO 2001/61026 A1 offenbart ein Verfahren
zur Herstellung eines Hohlkörpers aus mikrokristalliner
Cellulose bakteriellen Ursprungs, der ohne nachteilige Wirkung wie
Fremdkörperreaktion oder Thrombenbildung in die Halsschlagader
einer Ratte implantierbar sein soll. Das hier beschriebene Verfahren
eignet sich jedoch nur zur Herstellung eines etwa 20 Millimeter
langen Hohlkörpers.
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Der Erfindung Zugrundeliegendes
Problem
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein verbessertes Verfahren
zum Kultivieren lebender Zellen bereitzustellen. Der Erfindung liegt
außerdem die Aufgabe zugrunde, eine neue Verwendung einer Struktur,
die kristalline Cellulose umfasst, bereitzustellen. Weiterhin liegt
der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein verbessertes Verfahren zur
Herstellung einer kristalline Cellulose umfassenden Stützstruktur, eine
verbesserte Stützstruktur zum Kultivieren lebender Zellen
und eine verbesserte Hohlform zur Herstellung einer kristalline
Cellulose umfassenden Stützstruktur bereitzustellen.
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Erfindungsgemäße Lösung
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Zur
Lösung der Aufgabe lehrt die Erfindung ein Verfahren zum
Kultivieren lebender Zellen mit den Merkmalen des Anspruchs 1, die
Verwendung einer Struktur, die kristalline Cellulose umfasst, mit
den Merkmalen des Anspruchs 7, ein Verfahren zur Herstellung einer
Stützstruktur mit den Merkmalen des Anspruchs 8, Stützstrukturen
mit den Merkmalen der Ansprüche 16, 17 oder 18 und eine
Hohlform mit den Merkmalen des Anspruchs 19.
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Die
erfindungsgemäße Stützstruktur kann beim
Kultivieren der Zellen vorteilhaft als Ersatz für eine
extrazelluläre Matrix dienen.
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Es
ist ein Aspekt der vorliegenden Erfindung, dass sie die vorteilhaften
Eigenschaften der kristallinen Cellulose, vorzugsweise mikrokristalliner
Cellulose in der nativen Form, wie von dem Bakterium Acetobacter
xylinum hergestellt, zur Herstellung von Stützstrukturen
zum Kultivieren lebender Zellen nutzt.
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Es
ist ein erreichbarer Vorteil der Erfindung, dass die Stützstrukturen
nicht-toxisch und nicht-immunogen sind. Insbesondere ist erreichbar,
dass die Stützstrukturen auch nach der Implantation in
einem Organismus, z. B. dem menschlichen Organismus, keine oder
nur eine verminderte Fremdkörper- oder Immunreaktion auslösen.
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Es
ist ein weiterer erreichbarer Vorteil der Erfindung, dass die Stützstrukturen
nicht resorbiert werden. Hierdurch kann insbesondere eine größere mechanische
Stabilität während der Kultivierung der Zellen
oder auch über den längeren Zeitraum darüber
hinaus sichergestellt werden.
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Es
ist ein erreichbarer, dass die Stützstruktur, obwohl sie
nicht resorbiert wird, die Kultivierung der Zellen nicht oder weniger
stört, sowohl in vitro als auch in vivo, insbesondere,
weil schon ein Struktur mit einem geringen Celluloseanteil eine
hohe Stabilität gewährleisten kann und der Rest
der Stützstruktur im Wesentlichen aus Wasser bestehen kann.
Insbesondere kann dies den Austausch von Signalmolekülen und/oder
den Aufbau von Signalmolekülgradienten, die für
die Zellkultivierung von Bedeutung ist, gewährleisten.
Es kann auch dazu beitragen, dass die Stützstruktur kein
oder nur ein geringes Hindernis für die Bildung oder Anlagerung
einer extrazellulären Matrix darstellt. Es ist ein außerdem
erreichbarer, dass die Stützstruktur ähnliche
mechanische Eigenschaften aufweist wie das Zielgewebe. Mit der Erfindung
kann erreicht werden, dass das ein mit der erfindungsgemäßen
Stützstruktur kultiviertes Gewebe sich in seinen wesentlichen
Eigenschaften nicht oder weniger von einem Gewebe unterscheidet,
in dem keine Cellulose enthalten wäre.
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Es
ist ein erreichbarer Vorteil der vorliegenden Erfindung, dass die
Stützstruktur mittels einer Form hergestellt werden kann.
Insbesondere kann eine an einen bestimmten Zweck angepasste Struktur
geplant oder natürlichen Vorbildern nachgebildet werden.
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Es
ist ein Aspekt des erfindungsgemäßen Verfahrens
zur Herstellung einer Stützstruktur und der erfindungsgemäßen
Hohlform, dass sie sich das Prinzip der "verlorenen Form" zu Nutze
machen.
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Es
ist ein erreichbarer Vorteil des erfindungsgemäßen
Verfahrens zur Herstellung einer Stützstruktur und der
erfindungsgemäßen Hohlform, dass Hinterschneidungen
beim Entformen kein Hindernis mehr darstellen. So ist insbesondere
erreichbar, dass auch kompliziert gestaltete Hohlformen einfach
zum Einsatz kommen können. Es ist insbesondere ein erreichbarer
Vorteil, dass auch kompliziert gestaltete Stützstrukturen,
insbesondere solche mit Hinterschneidungen, einfach hergestellt
werden können.
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Die
Erfindung kann z. B. dazu eingesetzt werden, verschiedene Zellarten
in vitro einzeln oder gemeinsam so zu kultivieren, dass daraus ein
größerer Gewebeverband entsteht, der über
längere Zeiträume hinweg untersucht werden kann.
Das erfindungsgemäße Verfahren und die erfindungsgemäßen
Stützstrukturen eigenen sich insbesondere zur dreidimensionalen
Kultivierung von Zellen, z. B. Säugetierzellen. Das Kultivierungsverfahren
und die Stützstrukturen können auch zur Herstellung und/oder
Regeneration lebender Gewebe, insbesondere menschlicher Organe oder
Gewebe, eingesetzt werden. Die Erfindung kann dazu eingesetzt werden, extrazelluläre
Strukturen natürlicher Gewebe nachzubilden, um sie anschließend
mit den in diesen Geweben natürlich vorkommenden Zelltypen
zu besiedeln.
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Die
Zellen bzw. das Gewebe können, nachdem sie in vitro kultiviert
worden sind, z. B. in einen lebenden Organismus, insbesondere ein
Säugetier, insbesondere den Menschen, implantiert werden.
Es ist aber auch denkbar, die Stützstruktur ohne vorheriges
Besiedeln zu implantieren, um eine Besiedelung in vivo zu ermöglichen.
Hierbei kann die Stützstruktur die Selbstorganisation der
Zellen in vivo durch Vorgabe einer Struktur anregen. Auf diese Weise
bietet die Erfindung zum ersten Mal die Möglichkeit, ein (Weich-)Gewebe
in vivo gezielt und stabil neu zu strukturieren.
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Aufbau und Weiterbildung der erfindungsgemäßen Lösung
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Die
Stützstruktur umfasst vorzugsweise kristalline Cellulose.
Vorzugsweise besteht die Stützstruktur im Wesentlichen
aus Wasser und kristalliner Cellulose, besonders vorzugsweise mikrokristalliner Cellulose,
wie sie von dem Bakterium Acetobacer xylinum gebildet wird. Das
bevorzugte Material enthält weniger als 10 Prozent kristalline
Cellulose. Das Wasser ist bei dem bevorzugten Material teilweise und
unterschiedlich stark an die mikrokristalline Cellulose gebunden.
Kristalline Cellulose hat sich in Experimenten als besonders gewebefreundlich
erwiesen. Die Cellulose bildenden Organismen sind vorzugsweise Bakterien,
besonders vorzugsweise Bakterien des Stamms Acetobacter xylinum.
Es ist denkbar, dass auch andere Cellulose bildende Mikroorganismen
eingesetzt werden, wie z. B. geeignete Stämme von Agrobacterium,
Rhizobium, Sarcina, Pseudomonas, Achromobacter, Aerobacter und Zooglea.
Da die Gene der Cellulose synthetisierenden Enzymkomplexe von Acetobacter
xylinum bekannt sind, könnten diese auch in andere Mikroorganismen,
wie z. B. Escherichia coli durch die Anwendung bekannter molekularbiologischer
Verfahren eingebracht werden, wodurch auch diese Organismen Cellulose
synthetisieren könnten. Es sind aber auch Stützstrukturen
aus Kombinationen kristalliner Cellulose und anderen Materialien
denkbar, z. B. mit synthetischen resorbierbaren oder nicht-resorbierbaren Polymeren,
z. B. den in der Internationalen Offenlegungsschrift
WO 2006/096791 offenbarten. Der
gesamte diesbezügliche Inhalt der vorgenannten Schrift
ist durch Verweis Teil der vorliegenden Offenbarung. Es ist auch
denkbar, dass die Stützstruktur Collagen, wie beispielsweise
offenbart in der Europäischen Patentschrift
EP 1 053 757 , Fibrin und/oder Albumin,
wie offenbart in der Internationalen Offenlegungsschrift
WO 2006/099137 A1 ,
oder azellularisiertes natürliches Gewebe, wie z. B. offenbart
in der Europäischen Offenlegungsschrift
EP 1 230 930 A1 , umfasst.
Der gesamte diesbezügliche Inhalt der vorgenannten Schriften
ist durch Verweis Teil der vorliegenden Offenbarung. Vorzugsweise
ist das andere Material im Wesentlichen vollständig von
kristalliner Cellulose eingeschlossen.
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Eine
besonders bevorzugte Stützstruktur weist in ihrem Inneren
mehrere voneinander getrennte Hohlräume auf. Die Hohlräume
können z. B. globulär sein oder röhrenförmige
Kanäle, besonders vorzugsweise spiralförmige Kanäle
bilden. Besonders vorzugsweise sind die Hohlräume durch Öffnungen, z.
B. durch röhrenförmige Kanäle mit der
Außenseite der Stützstruktur verbunden. Es ist
ein erreichbarer Vorteil dieser Ausführung der Erfindung,
dass zu kultivierende Zellen oder Vorläufer der zu kultivierenden Zellen
von außen durch die Öffnungen in die Hohlräume
eindringen können. Es ist auch denkbar, dass ein Hohlraum,
in denen sich Zellen angesiedelt haben, mit einem Medium durchströmt
werden, z. B. einem Nährmedium oder Blut, um die Zellen
mit Nährstoffen und Sauerstoff zu versorgen, oder mittels
des Durchströmens Einfluss auf die Entwicklung der Zellen
zu nehmen. Auch können die Öffnungen dazu genutzt
werden, dass ein Produkt der Zellen, z. B. Keratin, nach außen
dringen können.
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Eine
bevorzugte Stützstruktur umfasst mindestens einen röhrenförmigen
Hohlraum, der sich an wenigstens einer Stelle verzweigt. Besonders
vorzugsweise laufen wenigstens einige der Zweige an anderer Stelle
wieder zusammen. Besonders vorzugsweise umfasst die Stützstruktur
ein System sich verzweigender und wieder zusammenlaufender Röhren, ähnlich
einem Blutgefäßsystem. Vorzugsweise ist der Hohlraum
an wenigstens zwei Stellen durch eine Öffnung mit der Außenseite
der Stützstruktur verbunden. Besonders vorzugsweise sind
die Stellen, an denen der Hohlraum sich verzweigt, und die Stellen,
an denen die Zweige wieder zusammenlaufen, zwischen den beiden Stellen
angeordnet, an denen der Hohlraum durch Öffnungen mit der
Außenseite der Stützstruktur verbunden ist. Es
ist ein erreichbarer Vorteil dieser Ausführung der Erfindung, dass
Flüssigkeiten, z. B. Nährstofflösungen
oder Blut, durch die Verzweigungen geleitet werden können,
wobei die Flüssigkeit an der ersten der beiden Stellen
hineingeleitet und an der zweiten wieder abgeleitet wird.
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Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Herstellung
einer Stützstruktur aus Cellulose ist die Cellulose vorzugsweise
kristalline Cellulose. Die Cellulose bildenden Organismen sind vorzugsweise Bakterien,
besonders vorzugsweise Bakterien vom Stamm Acetobacter xylinum.
Für die Kultivierung von Acetobacter xylinum sind unterschiedliche
Nährmedien beschrieben. Ein geeignetes, häufig
verwendetes Medium ist das in Biochemical Journal 58 von 1954,
S. 345–352 beschriebene Medium von Schramm und
Hestrin. Der gesamte diesbezügliche Inhalt des vorgenannten
Artikels ist durch Verweis Teil der vorliegenden Offenbarung. Ein
Nachteil dieses Mediums kann darin bestehen, dass es nicht genau
definiert ist, da es Hefeextrakt und Pepton enthält.
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Für
die Ausführung der vorliegenden Erfindung wird ein vollsynthetisches
Medium bevorzugt, wie z. B. von Forng et al. in Applied
and Environmental Microbiology von 1989, Bd. 55, Nr. 5, S. 1317–1319 beschrieben.
Der gesamte diesbezügliche Inhalt des vorgenannten Artikels
ist durch Verweis Teil der vorliegenden Offenbarung. Ein Nachteil dieses
Mediums kann in dem etwas langsameren Wachstum der Bakterien bestehen.
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Es
ist auch denkbar, den sogenannten Kombucha-Teepilz zur Ausführung
der Erfindung zu verwenden. Diese Kultur enthält neben
Acetobacter xylinum zahlreiche andere in Symbiose lebende Organismen,
wie Hefen und Bakterien, und lässt sich durch ein Medium,
bestehend lediglich aus Schwarztee und Saccharose (100 g/l) unterhalten.
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Bei
dem erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren kann
die irreversible Verformung beispielsweise durch ein plastisches
Verformen, einen Verlust der Form durch Bruch oder durch wenigstens
teilweisen Übergang in einen flüssigen oder gasförmigen Aggregatzustand,
vorzugsweise durch Schmelzen oder Verdampfen, geschehen. Es sind
aber auch Ausführungen der Erfindung denkbar, bei denen
die Verformung durch chemische Behandlung, z. B. mittels eines Lösungsmittels,
oder durch mechanische Behandlung, z. B. durch Ultraschall, herbeigeführt wird.
Der Teil der Hohlform, der im Schritt des Entformens irreversibel
verformt wird, grenzt vorzugsweise vor dem Verformen an die in der
Hohlform gebildete Cellulose an. Der Schritt des Entformens der
Hohlform wird vorzugsweise ausgeführt, nachdem die Stützstruktur
die Hohlform vollständig ausgefüllt hat.
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In
einer bevorzugten Ausführung des erfindungsgemäßen
Herstellverfahrens umfasst die Hohlform eine äußere
Form und mindestens einen Formkern. Es ist ein erreichbarer Vorteil
dieser Ausführung der Erfindung, dass mit dem Hohlraum
eine Stützstruktur mit Hohlräumen gebildet werden
kann. Vorzugsweise ist ein Formkern ein Teil der Hohlform, der beim
Entformen irreversibel verformt wird. Es ist ein Aspekt dieser Ausführung
der Erfindung, dass das aus dem Stand der Technik bekannte Konzept
eines beim Entformen entnehmbaren Formkerns aufgegeben wurde. Die
Hohlform kann auch mehr als einen Formkern umfassen. Bei mehreren
Formkernen werden vorzugsweise mindestens ein, besonders vorzugsweise
alle Formkerne beim Schritt des Entformens irreversibel verformt.
Vorzugsweise wird beim Entformen der Formkern wenigstens teilweise
mit Wärme behandelt. Vorzugsweise umfasst der Schritt des
Entformens ein wenigstens teilweises Schmelzen des Formkerns. Es
kann der gesamte Formkern schmelzen oder nur bestimmte Teile von
ihm. So ist es beispielsweise denkbar, dass der Formkern einen oder
mehrere mit einem oder mehreren schmelzbaren Bestandteilen verbundene,
vorzugsweise von ihnen zusammengehaltene, unschmelzbare Bestandteile
umfasst.
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In
einer bevorzugten Ausführung der Erfindung liegt der Schmelzpunkt
des im Schritt des Entformens schmelzenden Teils der Hohlform über 28°C,
besonders vorzugsweise bei oder über 30°C, besonders
vorzugsweise bei oder über 60°C. Es ist ein erreichbarer Vorteil
dieser Ausführung der Erfindung, dass der Formkern während
des Kultivierens der Cellulose stabil bleibt. In einer bevorzugten
Ausführung der Erfindung liegt der Schmelzpunkt des im Schritt
des Entformens schmelzenden Teils der Hohlform unter 100°C,
besonders vorzugsweise unter 80°C, besonders vorzugsweise
bei 62°C. Es ist ein erreichbarer Vorteil dieser Ausführung
der Erfindung, dass die Cellulose-Stützstruktur beim Schmelzen des
Formkerns nicht beschädigt wird.
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Der
Formkern wird beim Entformen der Hohlform vorzugsweise im Wesentlichen
entfernt, besonders vorzugsweise quantitativ, d. h. rückstandslos.
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Der
Teil des Formkerns, der beim Entformen schmilzt, ist vorzugsweise
im Wesentlichen hydrophob. Es ist ein Aspekt dieser Ausführung
der Erfindung, dass ausgenutzt wird, dass ein hydrophobes Material
von der hydrophilen Oberfläche des Cellulosekörpers
abgestoßen wird. Es ist ein erreichbarer Vorteil dieser
Ausführung der Erfindung, dass die Hohlform im Wesentlichen
quantitativ entfernt werden kann.
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In
einer bevorzugten Ausführung der Erfindung umfasst der
Teil des Formkerns, der beim Entformen schmilzt, ein thermoplastisches
Material, besonders vorzugsweise ein thermoplastisches Wachs und/oder
Polymermaterial. Es ist ein erreichbarer Vorteil von Formkernen
aus thermoplastischen Materialien, dass sie durch Gießen
hergestellt werden können. Es ist ein weiterer Vorteil
von Wachs und/oder Polymermaterialien, dass ihre Oberflächen einfach
durch Polieren geglättet werden können, um die
enge Anlagerung der synthetischen Cellulose zu erleichtern.
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Ein
bevorzugtes Wachs und/oder Polymermaterial umfasst Polyvinylalkohol
(PVA), besonders vorzugsweise zu einem Anteil von mehr als 1%, besonders
vorzugsweise mehr als 50%. In einer besonders bevorzugten Ausführung
der Erfindung besteht das Wachs- und/oder Polymermaterial im Wesentlichen
vollständig aus Polyvinylalkohol. Es ist ein erreichbarer
Vorteil dieser Ausführung der Erfindung, dass ein Zurückbleiben
toxischer Rückstände nach dem Entfernen der Hohlform
vermieden werden kann, weil Polyvinylalkohol nicht-toxisch ist.
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Ein
anderes bevorzugtes Wachs- und/oder Polymermaterial ist das aus
der Dental-Technik bekannte sogenannte "Sommerwachs". Es ist ein
erreichbarer Vorteil dieser Ausführung dieser Erfindung,
dass das Material mechanisch so stabil ist, dass auch filigrane
Strukturen erhalten bleiben. Es ist ein erreichbarer Vorteil dieser
Ausführung der Erfindung, dass ein Zurückbleiben
toxischer Rückstände nach dem Entfernen der Hohlform
vermieden werden kann, weil Sommerwachs nicht-toxisch ist.
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Bei
einem bevorzugten Herstellungsverfahren weist der Formkern mindestens
einen sich an mindestens einer Stelle verzweigenden Strang auf. Vorzugsweise
laufen wenigstens einige der Zweige an anderer Stelle wieder zusammen.
Es ist ein erreichbarer Vorteil dieser Ausführung der Erfindung, dass
in der Stützstruktur ein System sich verzweigender und
wieder zusammenlaufender Röhren, ähnlich einem
Blutgefäßsystem, geschaffen werden kann. Der Formkern
ist vorzugsweise aus Wachsdrähten aufgebaut, vorzugsweise
solchen aus Sommerwachs, wie sie aus der Dentaltechnik bekannt sind. Die
Drähte sind vorzugsweise aneinander geschmolzen.
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Eine
bevorzugte nach dem Herstellungsverfahren hergestellte Stützstruktur
weist mindestens eine Öffnung auf, durch die der verformte,
vorzugsweise geschmolzene, Formkern oder seine Rückstände
das Innere der Stützstruktur verlassen können.
Die bevorzugte Stützstruktur weist in ihrem Inneren mindestens
eine Hinterschneidung auf, vorzugsweise derart, dass ein starrer
Formkern, der das Innere des Hohlkörpers ausfüllt,
nicht aus dem Hohlkörper entnommen werden kann, ohne den
Formkern zu verformen. Vorzugsweise weist die Stützstruktur
in ihrem Inneren mindestens einen Hohlraum auf, der von außen
nur durch Passieren einer Engstelle zugänglich ist, deren
Querschnitt kleiner ist als der Querschnitt des Hohlraums.
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Kurzbeschreibung der Zeichnungen
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Die
Erfindung wird im Folgenden anhand schematischer Zeichnungen und
Ausführungsbeispielen mit weiteren Einzelheiten näher
erläutert. Es zeigen:
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1:
Eine erste schematische perspektivische Darstellung eines ersten
Ausführungsbeispiels eines Formkerns für das erfindungsgemäße
Herstellungsverfahren einer Stützstruktur;
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2:
Eine zweite schematische perspektivische Darstellung des ersten
Ausführungsbeispiels eines Formkerns für das erfindungsgemäße
Herstellungsverfahren;
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3:
Eine schematische perspektivische Darstellung eines zweiten Ausführungsbeispiels
eines Formkerns für das erfindungsgemäße
Herstellungsverfahren;
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4:
Eine schematische Querschnittsdarstellung eines Aufbaus durch Durchführung
des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens;
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5:
Eine schematische perspektivische Darstellung eines Ausführungsbeispiels
einer erfindungsgemäßen Stützstruktur.
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Beschreibung anhand eines
Ausführungsbeispiels
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1 und 2 zeigt
eine Anordnung 1 zur Herstellung einer Cellulose-Stützstruktur
geeigneter Formkerne 2, 3 aus schraubenförmig
gewundenen Wachsdrähten, z. B. aus Sommerwachs. Die Drähte sind
in zwei Ebenen angeordnet, wobei die Drähte in jeder Ebene
jeweils im Wesentlichen parallel zueinander ausgerichtet sind. Die
Wachsdrähte 2 in der ersten Ebene sind zu denen
3 der zweiten Ebene in einem Winkel von z. B. 90° ausgerichtet.
Die beiden Ebenen liegen direkt übereinander und sind in 1 lediglich
zur Klarheit voneinander abgesetzt dargestellt. An einigen Stellen
berühren Drähte 2 der ersten Ebene Drähte 3 der
zweiten Ebene. Die spiralförmigen Wachsfäden können
z. B. in einem Extrusionsverfahren hergestellt werden. Die Anordnung 1 ist
zur Schaffung einer Stützstruktur aus Cellulose geeignet, die
schraubenförmige Hohlräume aufweist, wobei einige
der schraubenförmigen Hohlräume mit anderen durch Öffnungen
verbunden sind.
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Ein
zweites Ausführungsbeispiel eines Formkerns für
das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung
einer Stützstruktur ist in 3 dargestellt.
Globuläre Wachstropfen 4, z. B. mit einem Durchmesser
von ca. 50 bis 100 μm, sind an dünnen Fäden,
z. B. Wachsfäden oder Stahldrähten 5,
aufgehängt, die an einem Körper 6, z.
B. einer Platte 6 verankert sind. Die Anordnung eignet
sich zur Herstellung einer Stützstruktur mit mehreren globulären Hohlräumen,
die durch die Wachstropfen 4 geschaffen werden, wobei die
Hohlräume durch dünne Kanäle, die durch
die Drähte 5 geschaffen werden, mit der Außenseite
der Stützstruktur verbunden sind.
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In 4 ist
schematisch ein Ausführungsbeispiel einer Anordnung zur
Durchführung des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens
für eine Stützstruktur dargestellt. Ein steriles
Gefäß 7 wird mit einer sterilen Nährlösung 8,
bestehend aus 20 g Glucose, 5 g Hefeextrakt, 5 g Bactopepton, 2,7
g Natriumphosphat und 1,15 g Citronensäure-Monohydrat, pH
6,0, gefüllt, und mit einer 3 Tage alten Vorkultur aus
Acetobacter xylinum (z. B. Gluconacetobacter xylinus, DSM-No. 2325,
DSZM Braunschweig) angeimpft. Wenn sich nach ca. 7 Tagen eine etwa
3 mm dicke Schicht 9 aus Cellulose auf der Flüssigkeitsoberfläche
gebildet hat, wird diese durch ein Netz 10 aus Teflon (ePTFE
expandiertes Polytetrafluorethylen, z. B. Zahnseide GLIDE, W. L.
Gore and Associates Inc.) unterstützt, das in einem von
Stützen aus Glas getragenen Glasrahmen aufgespannt ist.
Eine Hohlform mit mehreren Ebenen mit Formkernen 11, 12, 13 aus
Sommerwachs wird auf die mit dem Netz 10 unterstützte
Celluloseoberfläche 9 gelegt und bei 28°C
in einem Brutschrank kultiviert.
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Die
Besiedelung der Hohlform durch die Bakterien und ihr Ausfüllen
mit Cellulose dauert in der Regel 2 bis 3 Wochen. In dieser Zeit
ist darauf zu achten, dass verbrauchtes bzw. verdunstetes Medium 8 gegebenenfalls
ersetzt wird. Wenn die Hohlform vollständig mit Cellulose
ausgefüllt ist, wird die Stützstruktur entnommen
und anschließend auf ca. 65°C erhitzt, so dass
die Formkerne schmelzen und Hohlräume in der Stützstruktur
hinterlassen. Das Erhitzen dient gleichzeitig dem Sterilisieren
der Stützstruktur.
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5 zeigt
ein Beispiel einer Stützstruktur 14, die mittels
eines Formkerns geschaffen wurde, der aus zu einem Netzwerk 15 mit
sich verzweigenden und wieder zusammenlaufenden Strängen
verschmolzener Wachsdrähte gebildet wurde. Als Wachsdrähte
werden im Dentalfachhandel erhältliche Drähte
aus Sommerwachs verwendet. Nachdem die Cellulose die Hohlform mit
dem Wachsdrahtgeflecht 15 als Formkern vollständig
ausgefüllt hat, wird die Stützstruktur 14 entnommen
und auf 65°C erhitzt, um das Wachsdrahtgeflecht zu schmelzen.
Das Wachs kann so im wesentlichen vollständig aus der Stützstruktur 14 entfernt
werde. Zurück blieb ein Hohlraum aus sich verzweigenden
und wieder zusammenlaufenden Röhren, ähnlich einem
Blutgefäßsystem. Der Hohlraum an zwei Stellen
durch eine Öffnung mit der Außenseite der Stützstruktur
verbunden. Die Stellen, an denen der Hohlraum sich verzweigt, und
die Stellen, an denen die Zweige wieder zusammenlaufen, sind zwischen
den beiden Stellen angeordnet, an denen der Hohlraum durch Öffnungen
mit der Außenseite der Stützstruktur 14 verbunden
ist.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
-
- - US 2005/0063939
A1 [0007]
- - EP 1053757 B1 [0007]
- - WO 2006/099137 A1 [0007, 0025]
- - WO 2002/062961 [0007]
- - WO 03/070084 [0009]
- - WO 2006/096791 [0009, 0025]
- - EP 1230939 A1 [0010]
- - WO 2006/042287 A2 [0011]
- - WO 2001/61026 A1 [0012]
- - EP 1053757 [0025]
- - EP 1230930 A1 [0025]
-
Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- - Biochemical
Journal 58 von 1954, S. 345–352 [0028]
- - Forng et al. in Applied and Environmental Microbiology von
1989, Bd. 55, Nr. 5, S. 1317–1319 [0029]